Der Erfolg ist langweilig

Spekulieren macht Spaß – wenigstens dem, der dafür geboren ist. Es gibt den nötigen Kick zu sehen, wie die Kurse rauf und runter sausen. Und manchmal hat man spektakuläre Gewinne zu verzeichnen. Besonders, wenn die Gier einsetzt – oder die Panik – dann gibt es einen Adrenalinschub und man schickt sich an, die größten Fehler seiner Anleger-Karriere zu machen.  

Eigentlich ist man ein Spieler, denn es gibt neben den Gewinn-Positionen auch immer andere mit Verlusten. Und wenn man am Ende des Jahres nachrechnet, ist der Erfolg bestenfalls durchschnittlich im Vergleich zu einer disziplinierten und gut durchstrukturierten Geldanlage. Finanz-Forscher haben das herausgefunden. Ich weiß es aber auch aus eigener Erfahrung.

Man hatte eine sehr unterhaltsame Zeit an der Börse, in der man durch Himmel und Hölle gegangen ist. Und am Ende war man nicht besser als eine gute Vermögensverwaltung.

Investmentlegenden wie Benjamin Graham aber auch das Institut für Vermögensaufbau weisen einen anderen Weg: Große erfolgreiche Indices in einem klug strukturierten Portfolio regelmäßig rebalancieren, bringt den Erfolg.

Diese Strategie ist sehr einfach und ohne großen Zeitaufwand zu realisieren und, glaubt man den Ergebnissen der Vergangenheit, wird sie den geduldigen Investor mittel- und langfristig stets belohnen. Doch sie hat einen Haken. Diese Strategie ist sterbenslangweilig. Wie soll der Adrenalinjunkie damit leben? Woher nimmt er den Mut, immer wieder aus den kleinen Erfolgen zu verkaufen und diese schönen Gewinne in die mageren Portfolio-Teile zu investieren, damit die Balance wieder stimmt?

Das ist das Dilemma für den Vollblutinvestor. Sucht er die Unterhaltung und den Kick oder will er erfolgreich sein? Will er reich werden und scheinbar an Langeweile sterben? Oder will er ein Held sein am steten Rande des Abgrunds?

Vielleicht hilft hier ein Spruch von André Kostolany: „Es gibt alte Piloten und es gibt kühne Piloten. Aber alte, kühne Piloten gibt es nicht.“

Ein Gedanke zu „Der Erfolg ist langweilig“

  1. Erfolg

    Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen.
    (Fernsehwerbung Deutsche Bank)

    Erfolg ist nicht Erfolg. Eine Schreibkraft ist dann erfolgreich, wenn sie ihre Briefe fehlerfrei tippt. Eine Table-Tänzerin spürt den Erfolg am Körper, wenn die Geldscheine rascheln. Für einen Theatermacher ist Erfolg etwas anderes.

    Der Regisseur George Tabori im Interview:

    >>Ich bin Erfolg gegenüber sehr ambivalent. Was heißt es, dass etwas bei Publikum, Presse gut ankommt? Habe ich dann etwas bedient, was ich gar nicht bedienen will? Warum ist gerade dieses Stück umjubelt und ein anderes nicht. Das verstehe ich oft nicht. Für mich geht es darum, ob ich mich mehr oder weniger an das angenähert habe, was ich vorhatte. Ich hätte mein schärfster Pressekritiker werden können, aber da ich gelernt habe, dass Perfektion Blasphemie bedeutet, weil sie uns Menschen nicht gegeben ist – und vielleicht auch dem Gott nicht, wenn man die Welt so betrachtet -, deshalb suche ich sie nicht.<<

    Erfolg ist ganz offensichtlich der höchste Wert in dieser Gesellschaft. Erfolg ist Geld, Erfolg ist Einfluss und Macht.

    Warum wollen Büroangestellte erfolgreich sein? Wir sind alle Individualisten. Wir sind schon bedeutend, wenn wir das Licht der Welt erblicken. Meine Mutter wollte immer, dass ich einen sauberen Beruf ergreife, wie sie das nannte und ins Büro gehe.

    Wir sind einzigartig und halten uns deshalb für etwas Besonderes, mit großen Talenten ausgestattet. Später bedauern wir, dass dies die Welt, die Mitmenschen nicht bemerkt oder gewürdigt haben. Wenn alle große Begabungen hätten, würden sie nichts bedeuten.

    Doch dem Menschen widerfährt auch Unglück. Und das rühre daher, so der französische Denker Blaise Pascal, weil die Menschen nicht ruhig in ihrem Zimmer bleiben könnten. Diese Ruhelosigkeit und die Geschäftigkeit lässt sie nach Bedeutung und Unsterblichkeit streben. Sie könnten sich nicht damit abfinden, dass sie unbedeutend sind und auch so sterben werden. Vor allem Chefs tun sich schwer damit. Sie arbeiten länger als ihre Mitarbeiter. Manche sterben dafür früher. Man nennt das ausgleichende Gerechtigkeit.<<
    (Aus dem Buch von Karl-Heinz List: Das originelle Betriebsfest und weitere Glossen, Norderstedt 2018, ISBN 9783668775039)
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